
Ein Gastbeitrag von Vera Lengsfeld
Kaum ist 171 Tage nach der Wahl die vierte Regierung Merkel als Ergebnis einer Zangengeburt mit Ach und Krach zustande gekommen, setzt sich die alte und neue Regierungschefin ins Fernsehen und droht eine fünfte Amtsperiode an. Wir können sicher sein, dass die völlig degenerierte Union keinen Widerstand leisten wird. Der kann nur noch aus der Gesellschaft kommen, sagt Vera Lengsfeld.
Merkels schleichender Autoritätsverlust
Die Zange war der Koalitionsvertrag. Nach nur zwölf Jahren Merkel ist nahezu vergessen, dass der Koalitionsvertrag eine Erfindung der ersten Großen Koalition war. Vorher hat es so etwas nicht gegeben. Es gab lediglich lockere Absprachen zwischen den Koalitionspartnern. Mit einem Koalitionsvertrag wird der politische Handlungsspielraum auf die drei Dutzend oder so Verhandler beschränkt, die das Parlament mit ihren detaillierten Vorgaben knebeln. Das Ganze funktioniert nur, weil den Medien, die eigentlich die Regierung kontrollieren sollen, sich überwiegend auf Huldigungen beschränken.
Die Schlussinszenierung geriet dann etwas wacklig. Am Ende fehlten etwa drei Dutzend Stimmen bei der Kanzlerwahl, aber die Botschaft wird einfach ignoriert. Einen solchen Autoritätsverlust hätte sich Helmut Kohl nicht leisten können. Bei der Kanzlerwahl 1994 hatte die Regierungskoalition nur fünf Stimmen Mehrheit. Kohl wurde trotzdem im ersten Wahlgang gewählt (mit einer Stimme Mehrheit). Merkel wäre in einer solchen Situation gescheitert.
Ein seltsamer, aber bezeichnender Zwischenfall nach der Wahl zur Kanzlerin
Als die frisch gekürte Kanzlerin sich auf den Weg ins Schloss Bellevue machte, um sich vom Bundespräsidenten im Amt bestätigen zu lassen, gab es einen Zwischenfall, der ein charakteristisches Licht auf die neue Amtszeit wirft: Ein Mann, der wie einer der von Merkel großzügig ins Land gelassenen Gäste aussah, versuchte sich der Kanzlerin in den Weg zu werfen, angeblich mit dem Ruf „Allahu akbar“.
Anders als die allermeisten Bürgerinnen dieses Landes wird Merkel gut beschützt und kann sich darauf verlassen, dass sie gefährlichen Attacken nicht ausgesetzt wird. Vielleicht hat sich der Mann ja auch nur bei „Mama Merkel“ bedanken wollen und wurde wegen eines kulturellen Missverständnisses zu Boden geworfen. Rassismus wird man ihren Bodyguards dennoch nicht vorwerfen.
Die inkompetenteste Regierung seit 1949
Nach erfolgter Inthronisation stellte die Regierungschefin ihr Kabinett vor. Ich wage zu behaupten, dass es noch nie in der Geschichte des Parlamentarismus eine solch inkompetente Regierung gegeben hat. Das Ergebnis von zwölf Jahren Merkel ist, dass Fachwissen aus der Politik fast vollständig verbannt ist.
Von allen Ministern sind nur zwei Frauen mit ihrem Ressort halbwegs vertraut: Katarina Barley, die Justizministerin, ist Juristin. Julia Klöckner als Landwirtschaftsministerin hat als Winzerstochter wenigstens von einem kleinen Ausschnitt der landwirtschaftlichen Produktion Ahnung. Jens Spahn seit 2002 im Bundestag, war zuletzt Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und hat sich zumindest als gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit seinem neuen Ressort beschäftigt. Der Rest ist Ignoranz auf der ganzen Linie.
Was für eine Gurkentruppe!
Frau von der Leyen darf weiter die Bundeswehr ruinieren, bis sich das Heer vollständig auflöst und in einer EU-Armee aufgehen muss. Svenja Schulze ist als Landesministerin nur knapp einer Amtsenthebung entgangen, weil ein Bauernopfer gefunden wurde, und wird nun mit dem Posten einer Bundesumweltministerin belohnt.
Das SPD Wunderkind Franziska Giffey hat ihren Lebenslauf geschönt und will als Familienministerin die Kindergartenpflicht (!) ab drei Jahren, möglichst früher, einführen. Finanzminister Olaf Scholz ist der größte Schuldenmacher in Norddeutschland und hat sich im Fall der HSH Nordbank als Insolvenzverschlepper erwiesen. Die Nordländer haben 2009 mit einer 10-Milliarden-Garantie die Pleite der HSH-Nordbank abgewendet, bleiben heute auf mindestens 5 Milliarden Länderbelastung sitzen und müssen sich beim Verkauf der Bank mit einem Preis von 1 Milliarde zufrieden geben. Schlechte Aussichten für eine solide Finanzpolitik!
Die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung hat keinerlei Erfahrungen in ihrem Ressort, soll das aber laut Merkel mit „einem weiten Herzen“ für Wissenschaft und Forschung ausgleichen. Außerdem, versichert uns Anja Karliczek, wolle sie pausenlos Fragen stellen. Hoffentlich die Richtigen! Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) hat sich inzwischen alle linken Entwicklungshilfedogmen angeeignet, aber immerhin auch ein paar brauchbare Vorstellungen entwickelt. Er ist damit fast so etwas, wie ein Leuchtturm im Kabinett. Alexander Dobrindt (CSU) musste für Andreas Scheuer das Verkehrsministerium räumen. Erfahrung, die Dobrindt immerhin gesammelt hat, zählt nicht, wenn es um das innerparteiliche Postengeschacher geht.
Und dann auch noch Seehofer und Maas
In Drehhofer-Land wird im Herbst eine Epoche zu Ende gehen. Die CSU wird ihre absolute Mehrheit in Bayern endgültig und unwiderruflich verlieren. Der Architekt dieses zu erwartenden Desasters, Horst Seehofer, hat sich abgesetzt und wird Innenminister. Das ist besonders pikant, denn als Ministerpräsident hat er Merkel nicht nur Gesetzes- und Verfassungsbruch vorgeworfen, sondern auch von einer „Herrschaft des Unrechts“ unter Merkel III gesprochen. Nun wird er das Unrecht als verantwortlicher Minister fortsetzen. Zwar hat Seehofer markig angekündigt, dass 2015 mit ihm die Grenze geschlossen worden wäre, aber wetten, dass er sie jetzt nicht schließt? Auch die Ankündigung, konsequent Straftäter abzuschieben, kann man getrost vergessen. Unter diesem Innenminister kommen sie nicht. Er hat noch kein einziges Mal etwas von dem eingelöst, was er zuvor vollmundig versprochen hatte.
Last but not least Heiko Maas (SPD) als Außenminister, der diesen Posten nur dem Wunsch von Andrea Nahles verdankt, auf diesem Posten weder Sigmar Gabriel zu belassen, noch Katharina Barley die Gelegenheit zu geben, als Außenministerin zur beliebtesten SPD-Politikerin aufzusteigen.
Eine noch stärkere AfD würde Merkel V erheblich erschweren
Mit dieser Gurkentruppe möchte Kanzlerin Merkel „die Probleme der Bürger“, die das Ergebnis ihrer Politik sind, lösen. Da bleibt einem das Lachen glatt im Halse stecken. Außerdem will sie die AfD aus dem Bundestag vertreiben. Ohne Merkels verfehlte Politik gäbe es heute keine AfD. Wie soll da deren Fortsetzung die Partei unter 5 Prozent drücken? Eher wird es der Fall sein, dass die AfD dauerhaft stärker wird als die SPD. Das würde die fünfte Regierungsbildung Merkels erheblich erschweren.
Schon am Tag eins der neuen, alten Koalition gab es Streit. Die zeitweilig als Ministerin gehandelte SPD-Politikerin Eva Högl haute, wie ihr Genosse Maas sagen würde, ihren Frust darüber, dass sie leer ausging, in die Tasten und produzierte einen Hass-Tweet auf die „widerlichen Lebensschützer*innen“ in der Union. Keine schwesterlichen Gefühle, nirgends.
Es droht der Kollaps
Eines steht felsenfest: Keines der dringenden Probleme, die in den vergangenen zwölf Merkel-Jahren aufgehäuft wurden und die die Substanz unseres Landes immer schneller untergraben, wird gelöst werden. Im Gegenteil: Sollte der Koalitionsvertrag wie angedroht, tatsächlich umgesetzt werden, wird das unser Land in die schwerste Krise der Nachkriegszeit stürzen. Der geplante weitere Massenzuzug von Migranten, die drastisch erhöhten Zahlungen an die EU und die zahlreichen kostenintensiven „Projekte“ werden den Staatshaushalt so strapazieren, dass ein Kollaps droht.
Die Deutschen, die immer noch die Augen zusammenkneifen nach dem Motto: „Wenn ich das drohende Unheil nicht sehe, sieht es mich auch nicht“, sollten sie endlich öffnen und Mut fassen. Nur wenn sich genügend viele Bürger gegen die Zumutungen, die Merkel IV für uns bereit hält, wehren, wird es nicht so schlimm kommen, wie man befürchten muss.
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Anhang: Das Kabinett Merkel IV in der Übersicht
Bundeskanzlerin: Angela Merkel (CDU)
Finanzminister: Olaf Scholz (SPD)
Innenminister: Horst Seehofer (CSU)
Außenminister: Heiko Maas (SPD)
Wirtschaftsminister: Peter Altmaier (CDU)
Justizministerin: Barley (SPD)
Arbeits-/Sozialminister: Hubertus Heil (SPD)
Verteidigungsministerin: Ursula von der Leyen (CDU)
Landwirtschaftsministerin: Julia Klöckner (CDU)
Familienministerin: Franziska Giffey (SPD)
Gesundheitsminister: Jens Spahn (CDU)
Verkehr und digitale Infrastruktur: Andreas Scheuer (CSU)
Umweltministerin: Svenja Schulze (SPD)
Bildungsministerin: Anja Karliczek (CDU)
Entwicklungsminister: Gerd Müller (CSU)
Kanzleramtsminister: Helge Braun (CDU)
Erläuterung: Die sieben wichtigsten Ministerien (Schlüsselressorts) sind unterstrichen.
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Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Blog von Vera Lengsfeld. Er erscheint hier mit der freundlichen Genehmigung der Autorin und Blogbetreiberin.
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Zur Autorin: Vera Lengsfeld war eine engagierte Bürgerrechtlerin und Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR. Ab 1990 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, bis 1996 für Bündnis 90/Die Grünen, von 1996 bis 2005 für die CDU. Seither ist sie als freie Autorin tätig, unter anderem als Kolumnistin für die Achse des Guten, The European, die Huffington Post, das ef-Magazin und die Preußische Allgemeine Zeitung. Im Juli 2012 wurde sie zur Landesvorsitzenden der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) Berlin-Brandenburg gewählt. 1990 wurde ihr der Aachener Friedenspreis verliehen, 2008 das Bundesverdienstkreuz.
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Titelbild: YouTube-Screenshot
Gefunden bei : https://juergenfritz.com/2018/03/19/merkel-4-kabinett/
Arshan sagt danke!