Zunächst ein historischer Rückblick: 1973, nach dem Ende des Jom-Kippur-Krieges, der mit einer Niederlage der arabischen Staaten gegen Israel endete, traf sich der damalige saudische Außenminister mit seinem amerikanischen Amtskollegen Henry Kissinger.

1973 – als der Dollar seine Vormachtstellung erlangte

Hintergrund dieses informellen Meinungsaustausches war die sogenannte Öl-Krise unter der die Weltwirtschaft im Allgemeinen, der Westen aber im Besonderen, zu Leiden hatte. Als direkte Reaktion auf die Niederlage gegen den „zionistischen Erzfeind“ hatten die erdölexportierenden arabischen Staaten ihr Angebot drastisch reduziert.

Kissinger, den korrupten Charakter des saudischen Regimes ebenso gut kennend, wie den plutokratischen Einschlag des politischen Systems der USA, unterbreitete den Vertretern Riads daher ein Angebot, welches zu verlockend erschien, um es ablehnen zu können.

Kissinger, der selbstverständlich im Auftrag Präsident Nixons agierte, teilte mit, dass die USA saudisches Öl weiterhin kaufen würden, wobei ihm der Preis gleichgültig wäre, wenn Riad dazu bereit wäre, nur noch gegen Dollar zu verkaufen.

Riads Exportschlager: Öl und religiöser Extremismus

Die Saudis nahmen das Angebot an, unterliefen das damalige Öl-Embargo und erhielten jene Petro-Dollars, die bis heute zur globalen Verbreitung der radikalen Variante des saudischen Islam, des Wahhabismus, aus dem der Salafismus hervorging, beitragen.

Die Folgen dieser Entwicklung spüren wir heute stärker als damals. Es waren auch die Saudis, die gegen Ende das Öl-Embargo unterliefen, nicht ohne sich zuvor um Milliarden von Dollar bereichert zu haben.

Als nach 1979 die Revolution im Iran in den Krieg mit Irak überging, der sogenannte 1. Golfkrieg, nutzten die Saudis erneut ihre überschüssigen Mengen, die sie zu produzieren in der Lage waren, um den Westen mit Öl zu versorgen.

Diese komplexe Thematik, diese Sonderrolle Saudi-Arabiens, soll demnächst noch in einem neuen Artikel erläutert werden.

Moskaus Vorschlag: Euro statt Dollar

Zurück in die Wirren der Gegenwart: Ende Mai unterbreitete Moskau der EU einen Vorschlag, der dunkel an den Pakt zwischen Washington und Riad von 1973 erinnert und den man als revolutionär betrachten darf, sollte er denn jemals in die Tat umgesetzt werden. Euro statt Dollar, lautete dieses Offerte, kurz zusammengefasst.

Diverse russische und prorussische Medien berichteten diesbezüglich, dass Anton Siluanow, der amtierende Wirtschaftsminister Russlands der EU angeboten habe, dass Moskau bereit dazu sei, seinen gesamten Außenhandel inklusive der reichhaltigen Öl- und Gasexporte, von Dollar auf Euro umzustellen.

Voraussetzung dafür wäre allerdings -und hierbei handelt es sich um den revolutionären Aspekt dieses Vorstoßes-, dass die EU sich von den Sanktionen verabschiedet, die gelenkt von den USA gegen Moskau Bestand haben.

Würde Brüssel dem Angebot Moskaus entgegenkommen, würden Berlin und Paris ihre Gas- und Öl Einfuhren aus Russland in der eigenen Währung begleichen, wären damit nicht nur die Sanktionen aus den USA wirkungslos, sondern auch die Stellung des Dollars als Petrodollar in Frage gestellt.

Diese Vormachtstellung des Dollars wurde durch das zu Beginn dieses Beitrages erläuterte Beispiel erreicht, denn die USA hatten durch ihre Komplizenschaft mit Saudi-Arabien eine Situation geschafft, „die weltweite Nachfrage nach Öl in eine Nachfrage nach ihren nationalen Kreditzetteln zu verwandeln“, wie es der Russland-Experte Reinhard Lauterbach ausdrückte.

Die Verunsicherung der EU

Die Initiative Moskaus erreicht Brüssel zu einem Zeitpunkt, wo die Irritation der EU über das Verhältnis zu den USA in blanke Wut umgeschlagen ist. Inzwischen lässt sich nicht mehr verbergen, falls das jemals der Fall war, dass die blinde Gefolgschaft Brüssels gegenüber Washington, für die Europäer nur Nachteile und Gefahren produziert hat und dass die USA unter Trump weder ein Partner noch Freund sind, sondern lediglich ihre eigenen Vorteile im Auge haben, als Supermacht die sich wohl in jenem unerbittlichen Prozess befindet, welcher den Aufstieg und den Fall großer Imperien begleitet.

Deutsche Wirtschaft nahm durch die Sanktionen gegen Moskau 40 % Einbußen hin

Inzwischen werden ja zwischen Stockholm und Lissabon keine wissenschaftlichen Studien mehr unter den Tisch gekehrt, welche analysieren, wie stark die Sanktionen gegen Russland den einzelnen EU-Staaten geschadet haben.

Aufschlussreich ist diesbezüglich eine Studie aus dem letzten Jahr, wonach alleine die deutsche Wirtschaft über 40% der Einbußen, welche durch die Sanktionen gegen Russland entstanden sind, hinnehmen muss, während dieser Wert in den USA nur bei 0.5 % liegt.

Versuchen die USA die EU zu schwächen?

Angesichts dieser Zahlen scheint der Verdacht nicht unbegründet, dass die USA ihre Politik gegen Moskau auch zur ökonomischen Schwächung ihres angeblich engen Partners -der EU- zu nutzen verstehen.

Die spannende Frage bleibt, welche Konsequenzen die EU aus der aktuellen geopolitischen Ausgangslage zieht und ob man in Brüssel endlich bereit sein wird, sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen und eine politische Perspektive zu erstellen, die den Realitäten unserer Zeit entspricht, deren Chancen und Risiken reflektiert – und nicht ausschließlich die Sichtweise der USA.

Moskau wird es sicherlich nicht bei diesem einen Angebot belassen, denn der strategische Blick Moskaus ist wesentlich schärfer, als der aller Regierungschefs in der EU zusammen.