IfW-Ökonom: Deutsche Klimapolitik ist teuer und potenziell kontraproduktiv

Der seit März als Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) amtierende Gabriel Felbermayr ist alles andere als ein Klimaskeptiker. Dennoch gerät ein Interview mit der „Welt“ zur derzeitigen deutschen Klimapolitik zu einer Generalabrechnung.

In der „Welt“ äußerst sich der im März vom Münchner ifo an die Spitze des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) gewechselte Ökonom Gabriel Felbermayr (42) kritisch zur deutschen Klimapolitik.

„Die deutsche Klimapolitik bringt derzeit wenig, sie kann sogar kontraproduktiv sein“, warnt der Wirtschaftsforscher. Eine CO2-Steuer, die beispielsweise dazu führen würde, dass deutsche Stahlproduzenten nicht mehr zu weltmarktfähigen Preisen produzieren könnten, würden zwar durch ihre Schließung kurzfristig den CO2-Ausstoß senken. Allerdings würde dann stattdessen in der Türkei oder China produziert – mit weniger rigider CO2-Gesetzgebung und den zusätzlichen Kosten durch den Transport.

Studien zeigten, so Felbermayr, dass „die Volkswirtschaften, die das Kyoto-Protokoll unterzeichnet haben, zwar auf ihrem Territorium weniger CO2 produzieren, dass aber der CO2-Abdruck dieser Länder nicht kleiner geworden ist“. Was Deutschland selbst nicht mehr emittiere, werde eben im Ausland ausgestoßen, aus dem man die entsprechenden Güter als Importe beziehe. Sein Fazit.

„Die Klimapolitik ist also teuer, bringt aber überhaupt nichts.“

Wie am deutschen Wesen doch noch die Welt genesen könnte

Die deutsche Klimapolitik wirke nicht und schade der deutschen Wirtschaft, weil Deutschland mit Ländern im Wettbewerb stehe, die „einen weniger anspruchsvollen oder sogar gar keinen Klimaschutz verfolgen“.

Felbermayr ist dabei selbst alles andere als ein Skeptiker der These, wonach das natürliche und unter anderem für die Photosynthese der Pflanzen unverzichtbare Spurengas CO2 eine gefährliche „menschengemachte Erderhitzung“ schaffe, die in eine Katastrophe führen könne.

Während er selbst an anderer Stelle in dem Interview einen Rückgang des Freihandels befürchtet und US-Präsident Donald Trump vorwirft, durch Schutzzölle den Wohlstand der Amerikaner zu gefährden, will er selbst diesen durch eine Art benevolenten Klimazoll modifizieren – indem importierte Waren mit der heimischen CO2-Steuer nachbelastet würden. Andere Länder wären dann gezwungen, den deutschen und europäischen Klimadirigismus zu akzeptieren, wenn sie ihre Waren hier noch verkaufen wollten:

Wir könnten dann sagen, wer nach Europa liefern will, muss eben ein TÜV-Zertifikat über den CO2-Ausstoß mitliefern, das belegt, wie viele Tonnen CO2 bei der Produktion angefallen sind. Das könnte für Deutschland sogar ein Geschäft sein.“

Dies würde zudem „Anreize dafür schaffen, anderswo möglichst CO2-arm zu produzieren, um günstig nach Europa verkaufen zu können“.

„Praktisch jede Form von Konsum verteuern“

Idealerweise müsste, so Felbermayr weiter, „jede ökonomische Aktivität, bei der Klimagase ausgestoßen werden, auch einen Emissionspreis bekommen; also auch die Kühe, die auf der Weide in Schleswig-Holstein stehen und Methan verursachen“.

Natürlich würde dadurch „praktisch jede Form von Konsum teurer“ und „dadurch werden wir uns weniger leisten können als bisher“. Aber es wäre immerhin jedem Einzelnen überlassen, auf was er oder sie verzichten wolle. Im Fall der fünfköpfigen Familie wäre dies dann möglicherweise schon der gemeinsame Sonntagsausflug – was im Interview jedoch unerwähnt bleibt.

Für wenig durchdacht hält der IfW-Chef vor diesem Hintergrund auch den deutschen Braunkohleausstieg. Immerhin führe dieser nicht nur dazu, dass diese anderswo produziert werde, sondern mache die Braunkohlegewinnung in Polen und Tschechien sogar billiger.

„Bisher müssen Kraftwerksbetreiber, die Braunkohle zur Stromerzeugung verbrennen, europäische Emissionszertifikate kaufen, um die Braunkohle verbrennen zu dürfen“, erklärt Felbermayr.

Wird hierzulande in den Kraftwerken keine Kohle mehr verbrannt, müssen die Firmen auch keine Zertifikate mehr kaufen, auf dem europäischen Markt sinkt die Nachfrage nach Emissionszertifikaten, ihr Preis sinkt, und dadurch wird Braunkohle billiger. In Polen und Tschechien wird es dann sehr viel günstiger, Strom aus Braunkohle zu gewinnen.“

Einen ähnlichen Effekt habe übrigens die Subvention von Windkraft. Auch hier sinke die Nachfrage nach den Zertifikaten – sofern diese nicht aus dem künstlich geschaffenen Markt genommen würden.